Eugen war wieder einmal als Viehhändler unterwegs, diesmal zu einem Bauern im Bregenzerwald. Bereits morgens um 5 Uhr ist er mit den beiden am letzten Viehmarkt bestellten Jungkühen losgezottelt. Für einen Aufpreis brachte er diese jeweils direkt zum Käufer.
Eugen war gut gelaunt. Er hatte wieder einmal Schwein gehabt. Kurz nachdem ihm ein Käufer am vorletzten Viehmarkt eine Kuh zwar sehr günstig, aber letzlich doch gewinnbringend abgekauft hatte, erhielt er von diesem die Nachricht, sie habe die Maul- und Klauenseuche bekommen. Anzeichen habe er keine gesehen, auch der Tierarzt nicht, als dieser das letzte Mal im Stall gewesen sei, so Eugens achselzuckende Reaktion.
Bei Wolfurt führte Eugen seine Kühe entlang der Bregenzeraach, hinein in das schattige Tal des Bregenzerwaldes. Durch den Rotachtunnel musste er sich einiges einfallen lassen, da die Rinder scheuten. Nach erfolglosem Ziehen und Schieben kam Eugen auf den Trick mit frischgepflückten Kräutern am Stecken, mit welchen er die Viecher lockte. Das funktionierte.
Am späten Nachmittag erreichte Eugen den Stall des Käufers. Dieser wartete bereits auf ihn. Rasch wurden Vieh und Geld getauscht. Eugen könne die Nacht über gerne bleiben. Er habe Käse und Speck aufgeschnitten, und zu diesem Anlass öffne er gerne eine Flasche Wein. Eugen liess sich nicht zweimal bitten.

Als die letzten Sonnenstrahlen durch die Tannen schienen, wurde Eugen vom Vorarlberger Bauern gefragt, ob er die Sage über Uli Rotach, den Appenzeller Volkshelden, kenne. Belustigt erwiderte Eugen, er selber sei beinahe schon Appenzeller, was er da frage.
Wenn er die Sage so gut kenne, ob er auch darüber Bescheid wisse, wie es zum Namen Rotach gekommen sei, wurde Eugen weiter gefragt. 
Nun wurde Eugen ganz Ohr. Im Vorarlbergischen ist immer wieder etwas ausgekommen, was auf der gegenüberliegenden Talseite aus einem anderen Zusammenhang bekannt war.

Der Einheimische begann zu erzählen: In seinem Weiler, er zeigte auf eine Stelle hangaufwärts, habe einst ein einsamer Bauer gelebt. Dieser habe ein Auge auf eine gutaussehende Bauerstochter geworfen. Irgendwann habe es der Mann nicht mehr ausgehalten und der Dirn' seine Liebe gestanden. Diese habe nur gelacht und auf ihre Monatsblutung hingewiesen mit dem Spruch: "Ich bin rot, ach!"
Gekränkt habe der Mann den Bregenzerwald verlassen. Einige Zeit später sei die Nachricht ins Vorarlbergische gelangt, einer, der sich angeblich Uli Rotach nenne, sei bei einem armen Appenzeller Bauern als Knecht untergekommen. Es müsse sich um den Ausgewanderten handeln.
Als dies die gute Maid erfahren habe, sei ein Felsabbruch gewesen genau an der Stelle, wo jetzt der Rotachtunnel durch den Berg führe. Dieser Felsabbruch habe die Form eines abgeschnittenen Penis und rage in die Bregenzeraach hinein, wo er jetzt noch zu sehen sei. Eugen müsse nur bei der Rückkehr am Ende des Tunnels auf dem Kies des Flussbetts aufwärts gehen und danach noch eine Böschung hinaufkraxeln, bis es entlang des Flusses kein Weiterkommen mehr gebe. Dann könne er sehen, dass er nicht gelogen habe.


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